Kleines Entwerfen

Gemeinschaft und Kooperation: Das Kommunale – Exodus oder Stellungskrieg

12 Beispiele des gesellschaftlichen Neuanfangs, 12 Momente in der Geschichte der Architekturen des Zusammenlebens stellen den Ausgangpunkt für eine Reflexion über die Möglichkeiten eines anderen, kooperativen Lebens dar. Was sind die Vorstellungen dieser gesellschaftlichen Aufbrüche, was ihre architektonischen Formen, wie lassen sie sich aus einer heutigen Perspektive lesen? Was bedeuten sie im Blick auf heutige Kämpfe und Debatten rund um das Wohnen; was, angesichts der verschiedenen gegenwärtigen Praktiken eines kooperativen Zusammenlebens, ob nun im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus, community Land trusts oder dem Mietshäusersyndikat? Und: was lässt sich von den Beispielen mitnehmen wenn wir eine andere Welt von morgen radikal neu konzipieren wollen?  

Im Zusammengehen von Architektur und Formen der Organisation findet sich das kooperative Moment immer wieder dort, wo eine alte Ordnung zurückgelassen und eine neue Ordnung eingesetzt werden soll. Der Neubeginn eines gemeinschaftlich verfassten Lebens versteht sich zunächst als eine gesellschaftliche Angelegenheit, die allerdings in ihrer Umsetzung auch formale, organisatorische und – weil sie auch das Alltagsleben betrifft –  zugleich architektonische, planerische Dimensionen umfasst. Von frühen Klosteranlagen über die Siedlungen puritanistischer und utopistischen Gemeinden, Siedlungen der Europäischen Reform, genossenschaftlich selbstverwalteten Siedlungen, dem sozialdemokratischen Wohnungsbau des frühen 20. Jahrhunderts hin zu Kibbutzim, zu Hippie-Kommunen und Hausbesetzungen: sie alle vereint ein geradezu messianisches Motiv der Befreiung, der das gemeinschaftliche, kooperative Leben zum Mittel ihrer Erfüllung wird.

Die verschiedenen Entwürfe für ein neues Lebens unterscheiden sich aber nicht nur in ihren Inhalten und Zielen, die politischer, religiöser oder kultureller Art sind, sondern ebenso in ihrer strategischen Positionierung zur bestehenden Welt.

Während die einen versuchten, sich von allzu weltlichen Einflüssen fernzuhalten, erkannten andere ihren Weg in der Missionierung; sozialistischen Utopisten um Fourier oder Owen wiederum suchten nach der Entwicklung von Modellen, die als Prototypen beispielhaft ihre Umwelt verändern sollten. Dem „Auszug aus Ägypten“, dem Motiv des Exodus gegenüber steht, was Antonio Gramsci einen „Stellungskrieg“ bezeichnete: ein langfristig angelegter Kampf um die Hegemonie auf allen Ebenen des gesellschaftlichen Lebens.

Auch wenn die meisten dieser Ansätze, das kommunalen Leben neu zu leben ihr Ziel nicht erreichten und nach einiger Zeit wieder verschwanden, blieben sie nicht folgenlos: sie hinterließen ihre Spuren im Erziehungswesen, in alternativen Ökonomien, in Frauen- und  Bürger*innenrechtsbewegungen; und sie lassen sich auch nicht wegdenken aus den vielen verschiedenen gegenwärtigen Ansätzen eines anderen Zusammenlebens.

Das Entwerfen versucht 12 Beispielen eines neuen kommunalen Lebens nachzugehen, die einzelnen Ansätze als soziale, organisatorische und nicht zuletzt bauliche Architekturen zu lesen und als solche auch darzustellen; wir wollen sie aber nicht nur „sammeln“, sondern gegenüberstellen und vor dem Hintergrund heutiger Wohnungsdebatten auf die Praktiken zur Umsetzung ihrer Ziele hin beleuchten – um sie schließlich projektiv zu wenden.

Lehrbeauftragte
253.H38
4.0h, 5 ECTS
Ort
Seminarraum 3 / zoom
Termine
jeweils montags 14-19.00 Uhr
Anmeldung
via Tiss mit Portfolio
Leistungsnachweis
Selbstständigkeit in der Herangehensweise und Entwicklung der eigenen Fragestellung, Durchführung der Recherche und Analyse

Eigenständigkeit der Ausformulierung der eigenen Position in ein räumlich-strategisches Projekt

Anwesenheit

Mitarbeit

Treffen jeweils montags, 14.00 Uhr,

Erstes Treffen: 4. Oktober,

Ende der LV: 20.12.21